EVOLUTION

von Dr. phil. Ruth c. Fischer

 

Was ist Evolution? 

Der Akt der Entfaltung; der Vorgang des Wachstums, der Entwicklung; wie die Evolution einer Blume aus einer Knospe, oder eines Tieres aus dem Ei. Aber die Knospe muss durch ihre mütterliche Pflanze auf den Samen zurückgeführt werden, und das Ei auf das Tier oder den Vogel, der es gelegt hat; oder auf jeden Fall auf das Photoplasmaklümpchen, aus dem es sich erweitert hat und hervorgewachsen ist. Und sowohl der Same als auch das Klümpchen müssen die verborgenen Möglichkeiten zur Reproduktion und stufenweisen Entwicklung in sich haben, zur Entfaltung der tausendundein Formen oder Phasen der Evolution, durch welche sie hindurch gehen müssen, bevor die Blume oder das Tier vollständig entwickelt ist. Daher muss der zukünftige Plan vorhanden sein. Ferner muss jener Same verfolgt und seine Natur ermittelt werden.

 

Dieser Same mit seinen Atomen ist kein homogener Stoff; und es muss etwas oder irgendjemand existieren, der es geformt und ins Dasein gesetzt hat. Der deutlichste sowie bekannteste Typus der Entwicklung findet sich in  unserer eigenen geistigen oder körperlichen Evolution, welche anderen zum Vorbild gedient hat. …

 

 

 

 

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Wenn Organismen Wesenheiten sind … dann ist es nur gerecht, zu schließen und zu behaupten, dass das organische Leben physisches Leben zu erzeugen strebt; aber es würde noch richtiger und noch mehr in Übereinstimmung mit dem Geiste dieser beiden Kategorien der Entwicklung - der organischen und der physischen nämlich - sein, zu sagen, dass die wahre Ursache des organischen Lebens das Bestreben des Geistes ist, sich in substantiellen Formen zu offenbaren, und sich in substantielle Wirklichkeit zu kleiden. Die höchste Form ist es, welche die vollkommene Erklärung der niedersten enthält, und niemals umgekehrt. So H.P. Blavatsky in „Die Geheimlehre“, Bd. II., S. 690 f

 

Man kann sagen, der Geist im Samen materialisiert sich in die spätere Form. Geist wandelt sich in Materie. Welches Beispiel haben wir für den umgekehrten Weg - nämlich, wie sich von der Materie lösen und in Geistiges eintauchen?

 

Es gibt eine äußere und eine innere oder innerliche Evolution. An uns selber in diesem Leben stellen wir mit fortschreitendem Alter unsere äußere Evolution fest. Diese liegt, wie gesagt wird, in der Natur der biologischen Veränderung, die sichtbar und als Alterung bezeichnet wird und damit den meisten Menschen höchst unwillkommen ist.


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Nicht sichtbar, oder nicht so leicht erkennbar ist eine innere Evolution. Wir fragen, welches ist der Keim in uns zur inneren Entwicklung, Evolution? „Des Menschen Seele gleicht dem Wasser, zur Erde kommt es und zum Himmel steigt es.“ So Goethe. Immer wieder und wieder neue Leben - dabei spiralig höher steigend, immer weiter in jeder der folgenden Inkarnationen unserer materiellen Verhaftung in Spiritualität verwandelnd - gemäß dem großen zyklischen Gesetz - wie es uns die Geheimlehre lehrt.

 

 

 

In der theosophischen Literatur gibt es viele Anweisungen, wie wir unsere innere evolutionäre Umwandlung von der materiellen Gebundenheit hin zu mehr Spiritualität bewusst verstärken können.

 

Mabel Collins beschreibt wesentliche Schritte der Spirituellen Evolution in Bruchstücke aus dem Denken und dem Leben, Schatzkammer-Verlag. So beginnt sie mit einem Ersten, nämlich:

 

1. Das Streben, das Höchste zu erreichen.

Dazu muss im Menschen der Wunsch erwachen, sich selbst zu erheben - nicht über andere. Er wird erkennen, dass die Kraft und sein Ehrgeiz, die er entwickelte, nicht dazu benutzt werden darf, um andere zu übertreffen, sondern zu dem Bemühen um die Vereinigung mit dem Allerhöchsten.

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2. Als nächstes - verstärkend das Streben nach dem Allmächtigen - ist die Erfahrung des Überdrusses - der bitter wird.

 

Wer eine Lust so oft genießt, dass er ihrer überdrüssig wird, weil keine andere für ihn erreichbar ist, der muss Niederlage und Fehlschlag in Kauf nehmen. Der übersättigte Mensch, der keinen Versuch macht, sich zu erheben und weiterzugehen, kann auf keine andere Art Erneuerung finden, als dass er die Bitterkeit kennenlernt. 

 

3. Jetzt gilt es die Kraft des Ertragens zu entfalten.

Die Kraft des geduldigen Ertragens ist die erste Saat wahrer Unsterblichkeit. Die Vorbereitung besteht darin, dass man lernt geduldig zu ertragen. Bei den meisten Menschen ist die Kraft des Ertragens in der Tat sehr schwach entfaltet, und sie erliegen bei jeder sich ausdehnenden Prüfung. „Wer bis zum Ende ausharrt, soll erlöst d.h. eingeweiht werden“, ist eine Lehre für die Schüler aller Zeiten.

 

4. Nun gilt es zu erkennen, ob man sich in der rechten und richtigen Richtung bewegt.

Es gibt gewisse Zeichen, womit die Richtung, in der er sich fortbewegt, geprüft werden kann, und es ist ganz besonders wichtig für ihn, dass er sich von Zeit zu Zeit vergewissert, ob er in die richtige Richtung geht. Das können nur jene, die durch lange Übung die Kunst der Konzentration erlernt haben, und die fähig sind, aus ihrer Schau alle weltlichen Dinge, Gedanken und Überlegungen auszuschalten. Dann kann sich das Selbst zu dem Platze zurückziehen, wo es Wahrnehmung ohne Blick und Verstehen und ohne Worte gibt. Alle erkennen dann das große Licht, das in seiner Intensität und Klarheit oft schmerzhaft ist, wenn dieser Platz erreicht ist. Das große Licht muss weithin und beständig sichtbar sein und seiner Kraft ist zu folgen.

 

5. Nun - über das, was erreicht werden kann.

Wenn der Schüler die Kunst der Meditation gelernt hat, dann erwachen in ihm die Eigenschaften, die ihm eine ganz neue Stellung auf der Erde zuweisen, während er seine Verkörperungen vollendet. Sein Glaube wird absolut, und er weiß nichts mehr von den Zuständen des Zweifelns und Fragens. Er hat in sich die Eigenschaften der reinen Liebe. Die vollkommene Liebe ist die Gebende und löst in ihm höchstes Entzücken und Befriedigung aus. Des Schülers Erfahrung erweitert sich stetig, und der wird durch die Entfaltung der psychischen Sinne unendlich bereichert. Diese Zustände sollen vom Schüler erreicht werden, während er noch unter den Menschen wie ein Mensch lebt.

 

6. Aber der Weg ist gepflastert mit Hindernissen.

Wenn sich der Schüler der rechten Richtung sicher ist, in die er wandert, geht er mit weit in die Ferne gerichtetem festem Blick voran. Viele Hindernisse werden ihm von seinen eigenen Leidenschaften verursacht, die er glaubte überwunden zu haben. Besonders der Ehrgeiz, oder der Wunsch, sich hervorzutun, diese strengen Lehrmeister des Durchschnittsmenschen, erscheinen wieder. Da gibt es für ihn keinen anderen Weg, als diese Hindernisse fest ins Auge zu fassen, bis er wieder fähig ist, zum Allerhöchsten aufzuschauen, in dem Wissen, dass ihm die spirituelle Liebe niemals genommen werden kann.

 

7. Alles ist ein Weg des Kreuzes.

 

Ein großer Lehrer nach dem anderen ist auf diese Erde niedergestiegen, um den Menschen bei der Lösung der schwierigen Aufgabe zu helfen, die sie unternommen haben, nämlich den Pfad zu finden, der aus der Hölle, in die sie fielen, zurück zum Allerhöchsten führt. Dieser Weg steht allen Menschen offen, und die Vorangeschrittenen sind allen nahe. Alle Schüler der Meister werden nach und nach selbst Lehrer. So kann über die inneren Welten der Menschen an dem messianischen Entwicklungsplan für dieses Dasein mitgewirkt werden. Soweit Mabel Collins.

 

Jeder einzelne auf dem rechten Pfad? Man fragt: Kann dies den etwas bewirken? Es heißt: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Wie wahr ist dies und trifft auf all das zu, was wir als Ganzes erfassen wollen - besonders auch auf die theosophische Lehre. Aber nicht verzagen: Zugleich wissen wir aus der Chaosforschung: Der Flügelschlaf eines Schmetterlings in Peking kann ursächlich sein für einen Sandsturm in der Wüste von Nevada. Also - denken wir an den Effekt eines winzigen Flügelschlags und beginnen bei uns selbst. Auch ein Teilchen kann im großen Ganze Wirkung zeigen. Unsere eigene Evolution trägt mit bei zur Evolution der Gesellschaft. Blavatsky sagt: „Es ist ein okkultes Gesetz, dass kein Mensch sich über seine individuellen Mängel hinausheben kann, ohne zugleich, und sei es noch so gering, die ganze Gemeinschaft, von welcher er ein integraler Bestandteil ist, mit zu heben. (HPB, Schlüssel zur Theosophie, S. 260)

 

Dr. phil. Ruth C. Fischer, Sommertagung, Calw 2014 - aus ADYAR 1/2017, S. 33-36

 

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